Im Februar 2018 habe ich beschlossen zuckerfrei zu essen! In der Fastenzeit wollte ich einfach mal probieren wie sich das anfühlt, so ganz auf Zucker zu “verzichten”. Schnell wurde klar dass es kein Verzicht, sondern eigentlich eine Freiheit ist.
Wie du weißt, koche ich seit Jahren überwiegend aus den Grundzutaten, verwende wenig verarbeitete Lebensmittel und kann deshalb entscheiden, ob und welche Süße ich will. Es war für mich also relativ einfach den Zucker aus meiner Ernährung zu entfernen. Aber natürlich habe ich zu Beginn die süßen Sachen vermisst, z.B. Eis, Desserts und meine geliebten Trockenfrüchte!
Doch in den letzten Monaten konnte ich dafür wirklich trainieren, den süßen Geschmack zu verlieren. Das war schon spannend, denn sogenannte “alternative” Zuckerformen wie Kokosblütenzucker, Ahornsirup, Dicksäfte und vor allem die schon genannten Trockenfrüchte habe ich in meiner Küche ja gerne verwendet. Gerade letztere enthalten aber sehr viel Fruktose (wie z.B. auch der in der veganen Küche gerne verwendete Agavensirup, den ich schon seit längerem nicht mehr benutze). Warum ich gerade auch Fruktose meide liest du weiter unten!
Mittlerweile habe ich keinen Hunger auf Zucker. Auch wenn ich mal eingeladen bin und dann nicht komplett auf Zucker verzichten kann, muss ich am nächsten Tag nicht automatisch wieder Zucker essen. Ich komme zurück zum “nicht süßen Alltag”.
Ich ahne aber, dass es für Menschen, die verarbeitete Lebensmittel essen ungleich schwerer ist, sich vom Zucker zu verabschieden. Warum?
Zucker findet sich in fast jedem verarbeiteten Lebensmittel. Mit dem “weißen Gold” wird sehr viel Geld verdient.
Uns ist klar, dass Industriekekse aus Zucker bestehen. Doch wer vermutet einen hohen Zuckeranteil in z.B. herzhaften Lebensmitteln? Die Bio Pizza mit 6 Stücken Zucker und der Kartoffelsalat mit 9 Stück Zucker gehören da ja noch zu den zuckerarmen Mahlzeiten …
Zucker ist eben nicht nur in Produkten enthalten, die man normalerweise mit Zucker in Verbindung bringt sondern auch in Lebensmitteln, bei denen man nicht an Zucker denkt.
Eine Portion Fertig-Nudelsauce kann durchaus 2-3 Würfel Zucker enthalten. Und ein Bio-Ketchup bringt es z.B. auf 24 Stück Zucker pro Flasche (Herkömmlicher Ketchup weist pro Flasche sogar bis zu 60 Stücke Würfelzucker auf). Aber auch Salatdressings und Dips, Fertigsuppen, Essiggurken, Dosenobst- und Gemüse (ich entdeckte den Zucker sogar in Kichererbsen aus dem Glas), fast alle Fertiggerichte, Müsli oder Milchalternativen, gewürzte Nüsse und Nussaufstriche enthalten Zucker.
Und hier sei ausdrücklich angemerkt, dass dieser Fakt eben auch für Lebensmittel aus dem Bioladen gilt. Wir erkennen mittlerweile gar nicht mehr, wo überall Zucker versteckt ist.
Zucker wirkt in unserem Körper wie eine Droge.
Ein zu hoher Zuckerkonsum führt zu ernsten und teilweise lebensbedrohlichen Krankheiten, die unser Leben extrem beeinflussen können. Das wissen wir natürlich alle.
Trotzdem ist eine wirkliche Transparenz der Zutaten in verarbeiteten Lebensmitteln seitens der Wirtschaft nicht gewollt, denn sie würde dazu führen, dass die Verbraucher*innen darauf bestehen, den Zuckergehalt zu reduzieren.
Und so lesen wir auf den Zutatenlisten weiterhin z.B.:
Saccharose
Dextrose
Raffinose
Glukose
Fruktosesirup oder Fruktose-Glukose-Sirup
Glukosesirup, Glukose-Fructose-Sirup oder Stärkesirup
Karamellsirup
Laktose
Maltose oder Malzextrakt
Maltodextrin, Dextrin oder Weizendextrin
Süßmolkenpulver
Gerstenmalz/Gerstenmalzextrakt
und wissen nicht immer, dass es sich hier um Zucker handelt.
Zusätzlich kann Zucker natürlich auch in Form von Honig, Traubenfruchtsüße und Dicksäften wie Agavendicksaft oder Fruchtkonzentraten, -pürees oder getrockneten Früchten wie Rosinen in verarbeiteten Lebensmitteln enthalten sein.
Die Abhängigkeit von der Industrienahrung wird durch die ständige Zuckerzufuhr erhalten.
Dazu kommt die zielgerichtete Werbung in den Medien. Gerade Kinder und Jugendliche verfügen über eine ernstzunehmende Kaufkraft…
Übrigens hat sich in Deutschland der Anteil übergewichtiger Menschen seit den 90iger Jahren verdoppelt. Bei Kindern und Jugendlichen steigt der Anteil der Übergewichtigen mit dem Alter an.
Interessant ist, dass immer mehr Menschen gerade von der Fruktose, die ja meistens als “natürlicher Fruchtzucker” angepriesen wird, überlastet sind. Fruktose ist als Fruktose-Sirup mittlerweile ebenfalls in fast allen Fertiggerichten enthalten. Denn er intensiviert den Geschmack sowohl fruchtiger als auch würziger Speisen, erzeugt ein erhöhtes Volumen beim Gebäck und verstärkt dessen Bräunung, verhindert die schädliche Eiskristallbildung bei Tiefkühlkost und wirkt auch noch als Konservierungsmittel.
Dieser Fruktose-Sirup ist ein echtes Kunstprodukt, kann aus Maisstärke super günstig künstlich hergestellt werden und hat nur noch wenig mit der Fruktose in den frischen Heidelbeeren aus dem Garten zu tun.
Doch die Verstoffwechselung ist gleich. Fruktose wird anders als Glukose insulinunabhängig hauptsächlich von der Leber und dem Dünndarm verarbeitet. Für den Abbau normaler (also weniger) Fruktosemengen (wie sie in meinen Heidelbeeren vorkommen) ist ein gesunder Körper bestens vorbereitet. Über den Dünndarm können gesunde Mengen Fruktose ans Blut und von dort in die Zellen gelangen. Zu viel Fruktose führt jedoch zu mehr Harnsäure und die hindert wiederum die Zellen, den Zucker durchzulassen. Jetzt muss die Leber aushelfen und startet ihr Notprogramm. Sie baut die ganze Fruktose in Fett um, damit die Zellen nicht überlastet werden. Das lagert sich an den Organen im Bauch an. Es kann zur sogenannten Fettleber kommen, die früher eigentlich nur mit einem hohen Alkoholkonsum in Verbindung gebracht wurde, da Alkohol ebenfalls in der Leber zu Fett umgewandelt wird. Das kann der Beginn weiterer gravierender Lebererkrankungen, wie z. B. Hepatitis, Leberzirrhose etc sein.
Mittlerweile steigt die Zahl der Kinder, die an einer Fettleber leiden.
Doch ich möchte hier ausdrücklich darauf hinweisen: Problematisch ist nicht der Teelöffel Zucker, den wir in unseren Kaffee rühren, der selbstgebackene Keks, den wir uns zum Tee gönnen oder die Handvoll Beeren aus dem Garten. Problematisch sind die Zuckermengen, die wir nicht sehen und ohne Kenntnis einfach mitessen.
Gibt es Lösungen?
Ich sehe da mehrere Ebenen, auf denen wir aktiv gegen Zucker werden können.
Ich möchte entscheiden, ob und wann ich Zucker esse. Die Zutatenliste auf verarbeiteten Lebensmitteln muss also nachvollziehbar transparent sein. Doch das reicht nicht aus. Ich möchte mich nicht bevormunden lassen und fordere deshalb die Wirtschaft auf, endlich den Zuckergehalt in Getränken und verarbeiteten Lebensmitteln deutlich zu reduzieren oder Zucker komplett wegzulassen.
Verarbeitete Lebensmittel sind für mich kein wirkliches “Mittel zum Leben”. Ich verzichte deshalb weitestgehend auf Fertigprodukte.
Momentan verwende ich alle genannten Zucker nicht. In Maßen esse ich zuckerarme Früchte (da wir momentan Winter in Deutschland haben, ist die Auswahl beschränkt).
Außerdem meide ich Süßstoffe. Abgesehen von der Tatsache, dass einige den Insulinspiegel genau wie Zucker ansteigen lassen (und damit Heißhunger provozieren), stehen sie im Verdacht krebserregend zu sein. Letztendlich beschummeln wir uns mit dem Verzehr von Süßstoff, denn wir lernen nicht, weniger süß zu essen.
Die Lesebrille ist beim Einkauf dabei! Ich lese das Zutatenverzeichnis. Wenn ein Zucker an 1.-3. Stelle steht, versuche ich ein Alternativprodukt zu bekommen.
Ich trinke keine Obstsäfte und keine reinen Obstsmoothies, sondern (wenn überhaupt) Gemüsesmoothies. Ich versuche das Obst gut zu kauen, damit alle Inhaltsstoffe verarbeitet werden können. Für mich gibt es nur wenige Alternativen zu Zucker (z.B. Reissirup oder auch wenig unverarbeitetes Stevia) – und weniger oder gar kein Zucker.
Mein Bestreben ist, die Geschmacksvielfalt jenseits der Süße zu entdecken und auch langfristig weniger süß zu essen.
Ist es das wert, werden sich manche bestimmt jetzt fragen? Will ich das wirklich?
Nun, unser Körper ist das Haus in dem wir wohnen. Er leistet jeden Tag hervorragende Arbeit und bügelt so oft unsere Fehlentscheidungen aus – ohne zu murren. Erst wenn es wirklich ernst ist signalisiert er uns, dass wir etwas ändern müssen. Leider hören wir nicht immer hin. Ich bin jeden Tag dankbar für seine Unterstützung und freue mich, ihn immer besser zu verstehen und im Gutes zu tun, damit wir beide hoffentlich glücklich und zufrieden bis ans Ende unserer Tage leben können.
Und wie geht es weiter? Na klar gibt es wieder Rezepte bei Helene. Ich habe für dich z.B. rohvegane Ravioli, Cräcker zum Dippen und vieles mehr gemacht. Schau mal in den nächsten Tagen vorbei …